Konkurrierende Erinnerungen

Interview mit Masao Fukumoto (Mitglied des Vereins) im Blog des Strahlentelex für FUKUSHIMA vom 30.05.2021 über die Geschichte des Gedenkortes und über Erinnerungskultur.

Lesen Sie den Artikel im Strahlentelex zu den Fragen:

  • Warum ist hier das Denkmal notwendig?
  • Gab es Kritiken und Widerstände?
  • Warum musste der Platz von Hiroshima-Platz auf Hiroshima-Nagasaki-Platz umbenannt werden?



Umbenennung in „Hiroshima-Nagasaki-Platz“

Die Umbenennung des Platzes von Hiroshima-Platz in Hiroshima-Nagasaki-Platz wurde im Dezember 2011 von den Stadtverordneten beschlossen und die neuen Schilder wurden dann am 12. Januar 2012 angebracht.

Hideto Sotobayashi, einer der Ideengeber des Gedenkortes ist im Dezember 2011 gestorben, aber das Vereinsmitglied Masao Fukomoto konnte ihn noch rechtzeitig über den Beschluss zu Umbenennung informieren.

Lesen Sie dazu die Pressmitteilung der Stadt Potsdam:

Heute wurde symbolisch ein neues Schild am „Hiroshima-Nagasaki-Platz“ durch den Beigeordneten für Stadtentwicklung und Bauen Matthias Klipp und dem Vorsitzenden des Hiroshima-Platz Potsdam e.V. Uwe Fröhlich enthüllt.

Die Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Potsdam hatte mit breiter Mehrheit im Dezember 2011 die Umbenennung des vormaligen Hiroshima-Platzes in Hiroshima-Nagasaki-Platz beschlossen. Matthias Klipp: „Damit ist ein weiterer Schritt zur Vollendung des Platzes vollzogen. Ich freue mich, dass der Gedenkort am Hiroshima-Nagasaki-Platz nun fertig gestellt ist. Seit sechs Jahren begleitet die Landeshauptstadt das Projekt.“

Der Vorsitzende des Hiroshima-Platz Potsdam e.V., Uwe Fröhlich, betont: „Sowohl hier in Deutschland, als auch international, insbesondere in Japan, hat die Umbenennung des Platzes in „Hiroshima-Nagasaki-Platz“ eine hohe Bedeutung. Immer mehr Touristen aus aller Welt besuchen Potsdam und suchen nach dem Ort, wo über den Abwurf der beiden Atombomben unter strengster Geheimhaltung gesprochen wurde. Die beiden Bürgermeister von Hiroshima und Nagasaki blicken auf Potsdam als einen – authentischen Ort – der Weltgeschichte. Im Namen der Mitglieder des Hiroshima-Platz Potsdam e.V. möchte ich mich noch einmal für das Engagement des kürzlich verstorbenen Prof. Dr. Hideto Sotobayashi bedanken. Wir werden sein Vermächtnis bewahren.“

Professor Sotobayashi setze sich maßgeblich für ein zentrales Denkmal in der Landeshaupt-stadt Potsdam ein, dass es jetzt am Hiroshima-Nagasaki-Platz gibt. Hideto Sotobayashi hatte in Potsdam erstmals seit dem Atombombenabwurf über sein Schicksal öffentlich erzählt. Er überlebte am 6. August 1945 als 16-jähriger Schüler die Detonation der Atombombe in Hiroshima.

Mit ganzer Kraft setzte sich Hideto Sotobayashi für eine atomwaffenfreie Welt ein. In das Goldene Buch der Landeshauptstadt Potsdam hatte der Physik-Professor bei seinem Eintrag im August 2011 geschrieben: „In der Hoffnung auf eine atomwaffenfreie Welt.“
Für seine Vorträge in über 150 Städten hat er im September 2011 den Preis für deutsch-japanische Zusammenarbeit des japanischen Außenministeriums erhalten.“

https://www.potsdam.de/content/023-umbenennung-hiroshima-nagasaki-platz
* heute = 12.12.2011




Botschaft vom Bürgermeister von Hiroshima

Herrn Akiba, für die Einweihung am 25. Juli 2010.

Ich möchte einige Worte anlässlich der Einweihung des Gedenkortes auf dem Hiroshima-Platz an Sie richten.

Dieser Gedenkort wird mit einem durch die Atombombe verstrahlten Stein gestaltet, der im Gleis der Hiroshima Straßenbahn Gesellschaft verlegt war. Damit soll an die Tragödien von Hiroshima und Nagasaki erinnert werden. Diese im Hiroshima-Platz verankerte Verbindung wird eine starke Quelle für Mut und Hoffnung für die zahllosen Städte und Bürgerinnen und Bürger auf der ganzen Welt sein, die an der Schaffung einer atomwaffenfreien Welt arbeiten.

Ich habe großen Respekt für alle, die an diesem Vorhaben beteiligt waren.

Die Hoffnungen für die Abschaffung von Atomwaffen und die Realisierung eines dauerhaften Weltfriedens, auf die der Oberbürgermeister Jann Jakobs und die an diesem Vorhaben Beteiligten hoffen, sind die gleichen Hoffnungen wie sie die Bürgerinnen und Bürger von Hiroshima, insbesondere die Hibakushas (Verstrahlte Überlebenden) hegen.

Durch die Führung von Präsident Barack Obama und von UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon, der übrigens der erste Generalsekretär sein wird, der Hiroshima und Nagasaki besucht, sind unsere Hoffnungen schließlich auf der ganzen Welt verbreitet worden.

Die Stadt Hiroshima arbeitet derzeit mit den über 4000 Mitgliedsstädten der „Bürgermeister für den Frieden“ (Mayors for Peace) und deren Bürgerinnen und Bürgern sowie Nichtregierungsorganisationen (NGOs) der Friedensbewegung auf der ganzen Welt zusammen, um unsere Vision 2020 zu verwirklichen. Wir sind entschlossen, Atomwaffen bis zum Jahr 2020 abzuschaffen, weil wir eine atomwaffenfreie Welt mit so vielen Hibakusha wie möglich realisieren wollen. Außerdem werden wir gegenüber den folgenden Generationen unsere Mindest-Verantwortung nicht erfüllen, wenn die heutige Generation die Atomwaffen nicht abschaffen kann.

Um unser Ziel für 2020 zu verwirklichen, müssen wir möglichst viel Mühe unternehmen, bei den Regierungen einschließlich der Atomwaffenstaaten ausreichenden politischen Willen dafür zu schaffen, mit den Verhandlungen für eine atomwaffenfreie Welt zu beginnen.

Um dies zu ermöglichen, müssen wir noch mehr Treibkraft entwickeln, indem wir an einen globalen Konsens für diese Sache arbeiten.

Die Zeit ist gekommen, sich mit Nachdruck für ein Nuklearwaffen-Übereinkommen oder einen anderen rechtlichen Rahmen einzusetzen und die Staaten von der Wichtigkeit des Zeitplans unserer 2020 Vision zu überzeugen.

Abschließend hoffe ich aufrichtig, dass jeder, der an der Zeremonie heute teilnimmt, die Hoffnungen für die Abschaffung von Atomwaffen ins Herz schließt, die in diesen Gedenkort eingebracht wurden. Beteiligen Sie sich mit uns gemeinsam daran, bis zum Jahr 2020 eine atomwaffenfreie Welt in die Tat umzusetzen.

25. Juli 2010
Tadatoshi Akiba
Bürgermeister der Stadt von Hiroshima




Videobotschaft vom Bürgermeister von Nagasaki,

Herrn Taue, für die Konferenz Mayors for Peace am 11. Juni 2010 (Japanisch) und die deutsche Übersetzung der schriftlichen Botschaft aus dem Japanischen

Die deutsche Übersetzung:
Im Anlass der heute stattfindenden Konferenz der deutschen Sektion der Mayors for Peace überbringe ich Ihnen als Vertreter der Bürgerinnen und Bürger von Nagasaki die Botschaft.

Vor 65 Jahren, nämlich am 09.08.1945, um 11:02 Uhr, wurde die Stadt Nagasaki durch eine Atombombe angegriffen. Durch die unvorstellbare Hitze und Explosionswelle sowie die entsetzliche Strahlung wurden sehr viele würdige Leben geraubt. Die Menschen, die beinahe gestorben wären, haben immer noch in Leibe und Seele unheilbares Leid und leiden heute nach über 65 Jahren noch unter den Spätfolgen der radioaktiven Strahlung.

Wir, Bürgerinnen und Bürger von Nagasaki, rufen die Welt immer wieder zur Abschaffung von Atombomben und Realisierung des ewigen Friedens auf, um nach Nagasaki als Letztes nie wieder die Tragödie durch Atombomben zu wiederholen.

Während sich die Neigung zur Hoffnung auf eine atomwaffenfreien Welt international erhöht, besuchten anlässlich der im vergangenen Monat stattgefundenen NPT-Überprüfungskonferenz nicht nur die Atombombenüberlebenden (Hibakusha) aus Nagasaki, sondern auch zahlreiche Bürgerinnen und Bürger, die in der Friedensbewegung aktiv sind, New York, und riefen gemeinsam mit den Mitgliedern der Konferenz Mayors for Peace aus aller Welt ausdrücklich zu einer atomwaffenfreien Welt auf.

Im Abschlussdokument der NPT-Überprüfungskonferenz erwähnte der Vorsitzende der Konferenz einen Atomwaffenverbotsvertrag, und dort wurde ferner auch behauptet, dass man sich für neue Vorschläge aus der Zivilgesellschaft interessieren soll. Die Stadt Nagasaki will sich noch weiter durch die starke Zusammenarbeit nicht nur mit den Mitgliedern der Konferenz der deutschen Sektion der Mayors for Peace, sondern auch mit der Zivilgesellschaft sowie mit zahlreichen Städten und Kommunen sowie Nichtregierungsorganisationen engagieren, die sich nach dem Frieden sehnen, gemeinsam für eine atomwaffenfreie Welt eintreten und die Realisierung des ewigen Friedens in der Welt alle Kräfte aufbieten.

Ich habe gehört, dass in den noch im Hiroshima-Nagasaki Platz in Potsdam zu errichtenden Gedenkstein ein durch die auf Nagasaki abgeworfene Atombombe verstrahlter Stein eingebettet wird. Aus diesem Anlass hoffe ich, dass die Beziehungen zwischen der Stadt Nagasaki und Deutschen noch vertieft werden.

Zum Schluss möchte ich mich bei dem Oberbürgermeister von Potsdam und den Beteiligten für die Organisation der Konferenz bedanken und wünsche allen Anwesenden in der Konferenz Gesundheit und viel Glück.

11. Juni 2010
TAUE, Tomihisa
Bürgermeister von Nagasaki




Konzept

Prof. Dr. Hideto Sotobayashi, ein Überlebender (➣ Hibakusha) des Atombombenangriffs auf Hiroshima, hatte sich unermüdlich für die Errichtung dieses Gedenkortes engagiert und Spenden dafür gesammelt. Prof. Dr. Hideto Sotobayashi hatte empfohlen, den damals schon pensionierten Künstler Makoto Fujiwara mit der Gestaltung des Gedenkortes zu beauftragen. Beide kannten sich schon seit Makotos Studienzeit in Westberlin.

Der Hauptort von Mokotos Arbeit war zu dieser Zeit der Steinbruch in norwegischem Larvik. Er ist sofort aus Norwegen nach Potsdam gekommen und hat einen großen Stein aus Norwegen vorgeschlagen. Der Verein war septisch bezüglich dieser Idee, wegen der hohen zu erwartenden Kosten. Makoto hat letztlich den großen Stein auf eigene Kosten angefertigt und als sein eigenes Kunstwerk nach Potsdam gebracht.

Doch zuvor musste ein Konzept geschrieben werden. Makoto hatte für die Gestaltung seine künstlerischen Vorstellungen, aber es war nicht seine Stärke, die Bedeutung seiner Kunstwerke offen zu legen. Er war der Meinung, dass das nicht seine Aufgabe sei, sondern man solle es selbst spüren, wenn man den Stein sieht. Makoto hat oft nur gesagt, dass sich der Standort und dessen Umgebung durch den großen Stein ändern. Einige haben aber geahnt, dass die Kristalle im großen Steine die Augen der Opfer symbolisieren.

In Zusammenarbeit mit Mitgliedern des Vereins wurden in Absprache mit Makoto durch eine japanische IT-Designerin Gestaltungsvarianten virtualisiert. Dieses Konzept wurde dann der Stadtverwaltung vorgelegt.

Die Idee mit den verstrahlten Steinen auf einer Gedenkplatte stammte nicht von Makoto, sondern von Herrn Tetsuo Kaneko aus Hiroshima. Er hatte dafür in Japan Spendengelder gesammelt. Damals hieß der Platz Hiroshima-Platz. Deshalb hat man zuerst nur an einen Stein aus Hiroshima gedacht. Erst später gab es von einer in Berlin lebenden japanischen Kunststipendiatin aus Nagasaki den Vorschlag, auch einen verstrahlten Stein aus Nagasaki in den Gedenkort zu integrieren. Aber es war nicht einfach, Unterstützer aus Nagasaki zu gewinnen, da damals der Name Nagasaki fehlte. So kamen die ➡ Spendengelder aus Japan fast nur aus Hiroshima.

Aber für einige Mitglieder des Vereins war es schon vom Anfang klar, dass der Platz eigentlich Hiroshima-Nagasaki-Platz heißen müsste. Es dauerte eine Weile, bis der Verein sich darauf geeinigt hatte. Danach dauerte es noch länger bis zur Umbenennung des Platzes
(➡ Umbenennung in „Hiroshima-Nagasaki-Platz“).




Grußwort vom Oberbürgermeister von Potsdam

Liebe Potsdamerinnen und Potsdamer, sehr geehrte Gäste, die Initiative zur Einrichtung des Gedenkortes „Hiroshima-Platz“ in Potsdam-Babelsberg wird von mir außerordentlich begrüßt und unterstützt. Die Veranstaltung „Atomwaffenfrei Leben“ im Filmmuseum Potsdam und die Initiative zur zukünftigen Gestaltung des Hiroshima-Platzes ist der Auftakt in Potsdam für zivilgesellschaftliches Engagement für Frieden und zur Abschaffung von Atomwaffen.

60 Jahre nach Kriegsende hat mich im Rahmen der Gedenkveranstaltungen u.a. auch zum Bombenangriff auf Potsdam die Initiative „Bürgermeister für den Frieden“ meiner beiden Kollegen aus Hiroshima und Nagasaki sehr beeindruckt.

In diesem Zusammenhang haben mich persönlich die Berichte und Beschreibungen der Menschen über die ersten Atombombenabwürfe sehr tief berührt. Deshalb habe ich den Stadtverordneten im August letzten Jahres vorgeschlagen, sich der Initiative „Bürgermeister für den Frieden“ anzuschließen.

Ich freue mich daher, dass durch bürgerschaftliches Engagement von Bündnis 90/Die Grünen, der Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges (IPPNW), des Ortsverbandes der SPD Babelsberg und des Filmmuseums Potsdam eine breite öffentliche Diskussion zur Erinnerungskultur angestoßen wird.

Den Veranstaltern und den Gästen des Filmabends wünsche ich als Schirmherr der Veranstaltung, eine spannende Debatte zur Zeitgeschichte und hoffe, dass dies der Beginn vieler weiterer Initiativen ist.

Jann Jakobs
Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Potsdam
im Jun. 2006




Bürgermeister Akibas Botschaft an Potsdam

Grüße aus Hiroshima.
Es ist mir eine Ehre und eine Freude aus diesem wichtigen Anlass ein Grußwort an Sie zu richten und ich danke Oberbürgermeister Jann Jakobs, der IPPNW und allen Organisatorinnen, die ihn ermöglicht haben …